„Kinder von rauchenden Eltern sollten Gasmasken tragen“

von Sophia Seiderer
Tabakrauch ist so gefährlich, dass Kinder Gasmasken tragen sollten, wenn ihre Eltern zu Hause qualmen. Mit diesem drastischen Bild stellte Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) ihren Report „Schutz der Familie vor Tabakrauch“ gestern in Berlin vor. Etwa 4800 Substanzen seien in Tabakrauch enthalten, die meisten davon hochgiftig. Mindestens 90 Inhaltsstoffe würden als krebserzeugend gelten. Der DKFZ-Report erscheint pünktlich zum Weltnichtrauchertag am kommenden Montag. Und er macht deutlich, welche gesundheitliche Schäden Kinder durch Tabakrauch erleiden.

Etwa 1,7 Millionen Kinder in Deutschland atmen jeden Tag zu Hause Tabakrauch ein. Der Qualm verzieht sich aber nicht einfach – er setzt sich in den Wänden und Teppichböden fest und gibt die gefährlichen Substanzen in die Raumluft ab. Vor allem für Kinder ist das eine große Gefahr. Sie leiden häufiger an Atemwegserkrankungen, Mittelohrentzündungen und Asthma.
Noch gefährlicher für die Kinder ist das Rauchen der Eltern im Familienauto: „Die Luft kann dort so verqualmt sein wie in verrauchten Kneipen“, sagte Pötschke-Langer. Sie forderte die Bundesregierung daher auf, ein Rauchverbot im Auto in Anwesenheit von Schwangeren und Kindern ernsthaft zu prüfen.

Inzwischen sind mehr Frauen als Männer nikotinabhängig: In der Altersgruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen rauchen 16,2 Prozent der Mädchen, aber nur 14,7 Prozent der Jungen. „Wenn Frauen rauchen und gleichzeitig mit der Pille verhüten, gefährden sie sich besonders“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans (FDP), die den Report mit vorstellte. Sie hätten ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Thrombosen und Schlaganfall.

Erschreckend wenige Raucherinnen können ihre Finger von den Zigaretten lassen, wenn sie schwanger werden. Nur ein Viertel der Mütter hört in der Schwangerschaft auf zu rauchen. Drei Viertel qualmen weiter und gefährden erheblich ihre Kinder: Diese sind oft bei der Geburt untergewichtig und haben ein mehr als doppelt so hohes Risiko, innerhalb des ersten Lebensjahres am plötzlichen Kindstod zu sterben. Auch die Früh- und Fehlgeburtenrate ist für rauchende Mütter höher. „Die ungeborenen Kinder können sich nicht wehren“, so Dyckmans. „Wir müssen die Mütter davon überzeugen, aufzuhören und ihr Kind zu schützen.“ Eine erneute Anhebung der Tabaksteuer, um die Raucher zum Aufhören zu bewegen, lehnte sie aber ab. Das passe nicht in die Zeit. „Es ist nicht die Lösung, dass sich nur noch diejenigen das Rauchen leisten können, die Geld haben.“ Stattdessen appellierte Dyckmans an Städte und Gemeinden, das Rauchen auf Spielplätzen zu verbieten. Eine Studie des DKFZ habe belegt, wie achtlos Erwachsene ihre Zigarettenkippen dort wegwerfen. Auf einem Spielplatz ohne Rauchverbot wurden 114 Kippen gezählt, auf einem Spielplatz mit Verbot gerade einmal 16.

Den ausführlichen Bericht finden Sie hier.

Quelle: Die Welt, 29.05.2010

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