Trennungserfahrungen und Epigenetik

Forschern des Max Planck Instituts für Psychiatrie in München haben junge Mäuse kurzzeitig von der Mutter getrennt. Die Trennung war nur vorübergehend, doch das reicht bereits, damit sich das Erlebnis in das Epigenom einschreibt: Die traumatisierten Jungmäuse zeigen bei späteren DNA Analysen ein verändertes Methylierungsmuster bestimmter Gene in den Gehirnregionen, die für die Stressbewältigung zuständig sind. Als Folge davon produzieren ihre Nervenzellen zu viel Vasopressin, ein Schlüsselfaktor für die Steuerung von Alarmhormonen, Gedächtnis und Emotionen.

Diese früh getrennten Tiere gerieten zeitlebens leicht in Stress, Antrieb und Erinnerungsvermögen waren in Mitleidenschaft gezogen.

Die biologische Nähe zum Menschen macht Mäuse zu beliebten Studienobjekten: 95 % der Gene in ihrem Erbgut besitzt der Mensch in ähnlicher Form.

Bei zwölfjährigen Kindern der Regensburger Längsschnittstudie wurden neben der Erhebung von Bindungs- und Mutter-Kind-Interaktionsmaßen ebenfalls Speichelproben zur Bestimmung hormonaler Stressreaktionen genommen.

Vergleichbare Regulationsprozesse wie im Kleinkindalter zeigten sich auch bei den Zwölfjährigen: Bei Kindern, die ihre Gefühle und ihr Verhalten gut organisieren konnten, stieg ihr Kortisolspiegel weniger an als bei Kindern, die sich von ihren Gefühlen beherrschen ließen.

Auch im Alter von zwölf Jahren fand man bei den Kindern, die als Einjährige [infolge von Trennungen] eine desorganisierte Mutter-Bindung hatten, einen Anstieg des Kortisolspiegels, was bei den Kindern ohne frühe Desorganisation nicht der Fall war.

Darüber hinaus wurde in dieser Untersuchung eine Gen-Umwelt-Interaktion festgestellt. Ob aber selbstbehauptende Verhaltensweisen kooperativ für eine gelingende Gemeinsamkeit im Tun eingesetzt oder in feindseliger Weise oder gar niederträchtig waren, hing von der Bindungssicherheit des Kindes ab.

Mögliche genetisch verankerte Verhaltensdispositionen für Sensibilität oder Aktivität werden von mehr oder weniger feinfühligen Erfahrungen mit Bindungspersonen in die positive oder negative Richtung gelenkt. Dies ist das Prinzip der „Epigenetik".

Literatur:
KLEINE-GUNK, B.: Verjünge Deine Gene.
GROSSMANN, K. u. GROSSMANN, K.E.: Bindungen - das Gefüge psychischer Sicherheit